Geistlicher Impuls
„Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt,
und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!"
(Jesaja 60,1)
Liebe Glieder und Freunde der Christuskirchengemeinde Wiesbaden,
im Bild ist ein zur Kirchenjahreszeit passendes Motiv mit einem bekannten Vers aus dem Jesajabuch als Monatsspruch für den Dezember zu sehen. Wunderschöne – zugleich radikale – Worte mit einer starken Bildkraft ruft der Prophet Jesaja in diesem Vers den Bewohnern in Jerusalem vor circa 2600 Jahren zu.
Was steht hinter diesen wunderschönen Worten? Was macht sie so radikal? Jesaja richtet sie an Menschen, deren Lebensbedingungen gerade äußerst schwierig waren. Wenn wir die vorangehenden Kapitel lesen, bekommen wir ein Bild von dem Ausmaß der Not. Die Kapitel 58 und 59 sind geprägt von Dunkelheit, Verzweiflung und einem Ruf zur Umkehr. Nun ist die Zeit nach der Rückkehr der Exilanten aus Babylonien. Doch der Neustart ist alles andere als glücklich. In Jerusalem war ein großer Konflikt zwischen den Zurückgebliebenen und den Rückkehrern entstanden. Die Stadt und der Tempel lagen nach wie vor in Trümmern. Das Volk war nicht mehr durch eine äußere Bedrohung oder einen Feind gespalten, sondern untereinander.
Mitten hinein in die Finsternis und Verzweiflung des Volkes kommt nun durch Jesaja der Aufruf: „Mache dich auf!“, oder: „Stehe auf!“ Ja, die Trauernden sollen aus dem Trott ihrer Niedergeschlagenheit und Müdigkeit aufbrechen. Denn – man mag es kaum glauben – die Wende ihres Unheils steht kurz bevor!
Und das spannende und radikale ist, dass nicht die Menschen die Wende bringen müssen. Jesaja ruft seine Hörer nicht etwa dazu auf, sich aufzumachen um die Missstände in Ordnung zu bringen, den Streit endlich beizulegen und so Licht in ihre Dunkelheit zu bringen. Nein, Jesaja lässt ausrichten, dass Gott selbst die Wende bringen will. Gott will einbrechen; Gott will sich erheben; Gott will seine Herrlichkeit unter den Menschen aufleuchten lassen!
Wenn im Alten Testament von „Gottes Herrlichkeit“ die Rede ist, dann ist damit seine Gegenwart gemeint. Mit anderen Worten: Jesaja verheißt, dass Gott selbst wahrhaftig zu den Menschen herbeikommen will. Und mit ihm kommen Heil und Leben für die Menschen; er bringt Licht in ihre Finsternis. Und das nicht nur für den Überrest Israels, nicht nur für die, die aus dem Exil zurückgekehrt sind, sondern für alle Menschen der Erde.
Diese Verheißung Jesajas ist mit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus in Erfüllung gegangen. Jesus Christus ist Immanuel, Gott mit uns. In ihm ist die Herrlichkeit Gottes über alle Menschen der Erde aufgeleuchtet. In ihm finden wir Vergebung der Sünden, das ist Frieden mit Gott.
Wenn dich der Unfrieden auf der Erde niederdrückt; wenn du erschrocken bist über das, was wir Menschen uns im Streit gegenseitig so alles zufügen; wenn du leidest an dem, was die Sünde in deinem Leben und der Welt so alles anrichtet – dann lass dich in dieser Advents- und Weihnachtszeit wieder einladen an den Ort, wo Gott seine Herrlichkeit mitten unter uns auf leuchten lässt; uns zum Heil und Leben! Gott kommt noch heute. Wir finden Jesus nicht mehr in einer Krippe bei Bethlehem, sondern nun als den Auferstandenen und Erhöhten Herrn in seinem heilvollen Wort der Vergebung in Beichte, Taufe, Predigt und Abendmahl.
Ihr und euer
Pastor Michael Ahlers